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J.
JOHANN NEUDÖRFER'S
Nachrichten von Künstlern und Werkleuten
NÜRNBERG i^/fj
QUELLENSCHRIFTEN
FÜR
KUNSTGESCHICHTE
UND
KUNSTTECHNIK DES MITTELALTERS
UND DER
RENAISSANCE
mit Unterstützung des k, k. österr. (^Ministeriums für Kultus und Unterricht im Vereine mit Jachgenossen herausgegeben
D-T\ von
R. EITELBERGER v. EDELBERG.
X.
JOHANN NEUDORFER'S
NACHRICHTEN VON KÜNSTLERN UND WERKLEUTEN IN NÜRNBERG,
VON DK. G. W. K. LOCHNER.
505810
WIEN, 1875. WILHELM BRAUMÜLLER
K. K. HOF- UND UNIVERSITÄTSRUCHHÄNDLER.
DES
JOHANN NEUDÖRFER
SCHREIB- UND RECHENMEISTERS ZU NÜRNBERG
NACHRICHTEN
VON
KUNSTLERN UND WERKLEUTEN DASELBST
AUS DEM JAHRE 1547
NEBST DER FORTSETZUNG DES ANDREAS GULDEN
■ NACH DEN HANDSCHRIFTEN 1 XI) MIT ANMERKUNGEN HERAUSGEGEBEN
Dr. GfW: K^LOCHNER
.-i U'TAH' hivai; xr NÜRNBERG.
WIEN, 1875.
WILHELM BRAUMÜLLER
K. K. HOF- UND UNIVERSITÄTSBUrHHÄXDLEK.
N
NhHH-
ERSTES INHALTS-VERZE1CHNISS.
Seile
Widmungsschreiben (Neudörfer's) i — 2
1. Hanns Bchaim, der ältere 3 — 5
2. Hanns Behaim, der jüngere 6— 7
3. Paulus Behaim 8— g
4. Adam Kraft 10-
5. Röhrenkunz iq — 20
6. Peter Vischer der altere 21 — 3o
7. Herman Vischer 3i —
Peter Vischer der jüngere 33—36
9. Sebastian Lindenast • 37 — 47
1«'. Sebald Behaim, Büchsengiesser
11. Endres Pegnitzer und sein Sohn, Büchsengiesser \g — 5o
12. Hanns Glocken giesser und sein Sehn 5i — 52
i3. Hanns Danner, Schraubenmacher 53
14. Wilhelm von Worms und Grunewald ?4- 63
i5. Siebenbürger, Plattner 04
i<"). Cunz Lochner, Plattner 64
17. Hanns (Jacob) Pülman, Schlosser 65— 3
18. Hanns (Georg) Heuss, Schlosser 69—70
19. Andreas Heinlein (Peter Henlein), Schlosser 71 — 77
20. Caspar Werner, Schlosser _N
21. Hanns Ehemann, Schlosser
22. Ge<>rg Stadelmann, Zimmermann 7g
23. Georg Weber, Zimmermann 7'.' s '
24. Wolf Danner, Büchsenschmid
2?. Kugelschmid
26. Veit Stoss, Bildhauer 84—
27. Peter Flötner, Bildhauer
28. Johann Teschler, Bildhauer
29. Hieronymus Gärtner
30. Hanns Frey .
3i. Hanns Krug der ältere, Goldschmid 118 —
32. Hanns Glim, Goldschmid ,
33. Hanns Krug der jüngere 121 —
34. Ludwig Krug, Goldschmid
14 1 5
16
16
'7
'9 20
2 3
-4
INHALTS-VERZEICHNIS S.
Seite
35. Melchior Bayer, Goldschmid
36. Wenzel und Albrecht die Jatnnitzer, Gebrüder, Goldschmide . .
37. Jacob Hoffmann, Goldschmid
38. Michel Wolgemut, Maler 128-
39. Hanns Beuerlein, Maler
40. Jacob Walch genannt, Maler i3o —
41. Albrecht Dürer, Maler i32—
42. Hanns von Kulmbach, Maler » . • i?4 —
43. Wolf Traut, Maler
44. Georg Penz, Maler
45. Hanns, Sebald und Barthel, die Behaim, Maler
46. Jacob Eisner, Illuminist
47. Georg Glockendon, Illuminist ' 140 —
48. Nikolaus Glockendon, Illuminist
49. Hanns Springinklee, Illuminist '44—
do. Virgilius Solis, Illuminist
5i. Veit Hirschvogel der älter, Glasmaler 147 —
52. Veit Hirschvogel der jünger, Glasmaler
53. Augustin Hirschvogel, Glasmaler i5i —
54. Simon mit der lahmen Hand
55. Hieronymus, Formschneider i55 —
56. Wolf Weisskopf, Schreiner und Stadtmeister
57. Sebald Beck, Schreiner
58. Hanns Weinmann, Gewichtmacher
59. Hanns Lambrecht, Wagmeister und Wägleinmacher
60. Daniel Engelhard, Wappensteinschneider
61. Hanns Maslitzer
62. Martin Harscher, Kandelgiesser und Pulvermacher
63. Burkhardt, Orgelmacher
64. Georg Fella, Orgelmacher
65. Hanns Gerla, Lautenmacher *.
66. Hanns Neuschel. Posaunenmacher und Stadttrommeter . . . 1 63 —
67. Sigmund Schnitzer, Pfeifenmacher und Stadtpfeifer
68. Magister Erhard Etzlaub, Compassmacher
69. Hanns Ganabach, Probierer
70. Anthoni Koburger, Buchdrucker 173 —
71. Johannes Petrejus, Buchdrucker
72. Hanns Ehemann, Brillenmacher 178 —
73. Bernhard Müller, Seidensticker
74. Meister Sebald, Rädleinmacher beim Sonnenbad
75. Hanns Grabner, deutscher Schulmeister 181 —
76. Alexius Birbaum 1 83 —
77. Endres Vokkamer, Papiermacher zu der Weidenmühle ....
78. Hanns Sachs, Schuhmacher
79. Stephan Neudörffer, Kürschner [87 —
2D
26
27 29
3o
3i
33
35
36
37 38
39 42
43
4^ 46
49 5o
^4
55
56 5 7
^7 58
58
58
-s9 60
61
62
62
70
71 72
72 76
77
79
80
81 82 85 86 86 88
ZWEITES INIIALTS-VERZEICHKISS.
Seite
Einleitendes Vorwort (Andreas Gulden's) 191
1. Johann Neildörfer '91
2. Johann Neudörfer der jüngere und Antonius Neudörfer . . . 102
3. Stephan und Christoph Fabius Brechtel ufi — ig5
4. Andreas Gulden 196
5. Ulrich Hoffmann 197
6. Caspar Monnich 1 Mannich) 19°
7. Hanns Hofmann, Maler 19°
8. Gärtner und Ponacker 19°
ii. Wolfgang Resch, Formschneider 198
10. Friedrich von Falkenburg, Maler 199
1 1 Paulus Kolb, Maler 199
12. Paulus und Friedrich Juvenell, Maler 200
13. Georg Wever, Maler 201
14. Leonhard Brechtel, Maler 201
i5. Leonhard Heberlein, Maler 201
16. Michael Herr, Maler 202
17. Johann Thomas Fischer und Anna Katharina, seine Tochter . . 202
18. Georg Strauch, Maler 2o3
19. Abraham Grass, Bildhauer 2o3
20. Hanns Pezold, Goldschmid 2o3
21. Christoph Ritter, Goldschmid 2o3
22. Christian Maler, Eisenschneider 204
23. Hanns Wessler, Goldschmid 204
24. Georg Schweicker (Schweigger), Goldschmid 2o5 — 206
2?. Hanns von der Pütt, Eisenschneider 207
26. Gottfried Leigebe, Eisenschneider -,,s
27. Georg Höfler, Wappensteinschneider 209
28. Georg und Heinrich Schwanhart, Glasschneider 209
29. Die Schwanhartischen Töchter 210
30. Leo Pronner, Zeuglieutenant 211
3i. Laurenz Zick, Beindrechsel 212
32. Jacob Hepner, Schreiner
33. (Hanns "Wilhelm) Behaim, Schreiner 2i3
34. Leonhard Danner, Schreiner 2i3
INHALTS-VERZEICHNISS.
Seite
35. Peter Carl, Zimmermann 2i3
36. Johann Carl 214
37. Andreas Albrecht 2i5
38. Hanns Hayden 21 5
39. Christoph Lang 216
40. Hanns Leo Hasler 216
41. Wolf Vogel 216
42. Augustin Kotter 217
43. Hanns Hautsch, Zirkelschmid 217
44. Ceorg Leupold, Hafner 218
45. Andreas Leupold, Hafner 218
46. Hanns Braun, Scheibenzieher 219
47. Hanns Troschel, Compassmacher 219
48. Andreas Kohl, Kupferstecher 220
49. Hanns Wolf Löhner, Rothschmid 220
50. Magdalena Fürstin 221
Anhang 222 — 223
Nachwort des Herausgebers 224 — 2 3o
Nachträge 23o
Alphabetisches Register 233
JOHANN NEUDORFER
und
seine Wachrichten.
I.
Ucr Name Johann Neudörfer's, als des Schöpfers und Begründers der deutschen Schönschreibekunst, die von ihm ausgehend theils durch seinen unmittelbaren Unterricht und die von ihm gebildeten Schüler, theils durch seine Lehrbücher zu einer Kunst ausgebildet wurde, ist genug bekannt, um über seine in dieser Beziehung bei seinen Zeitgenossen und bei der Nachwelt längst anerkannten Verdienste als über etwas that- sachlich Feststehendes noch etwas sagen zu müssen. Auch ist durch G. A. Will sowohl in den Münzbelustigungen als auch im Gelehrten-Lexikon bereits das Erforderliche geschehen, und noch vor Will hat Doppelmayr in seinem 1730 erschienenen Werke ihn aller Ehre gewürdigt, so dass eine Hinweisung auf diese Zeugnisse völlig genügen dürfte. Weniger gewürdigt ist sein Verdienst als Begründer der Nürnberger Kunstgeschichte, vielleicht weil er es selbst in dem Eingang zu seinen Nachrichten von sich ablehnt und sich selbst für keinen Kunstverständigen erklärt, vielleicht auch wegen der nicht abzuleugnenden Irr- thümer und Verstösse, die bei alledem die Späteren nicht hin- derten, aus seinen Nachrichten als einem lautern Quell zu schöpfen, während er selbst mit Bescheidenheit es nur als „unter uns beiden" Geschriebenes betrachtet wissen und es nicht vor das grosse Publicum gelangen lassen wollte. Dann hat sich auch
Quellenschriften f. Kunstgesch. X. '
II JOHANN NEUDÖRFER UND SEINE NACHRICHTEN.
durch Missgunst des Geschicks die ursprüngliche Handschrift unauffindbar gemacht, dagegen ist eine Unzahl Abschriften vor- handen, die wenn auch in den Hauptsachen gleichlautend, doch in Nebenumständen abweichen und wegen späterer Einschal- tungen und Nachträge, die nicht blos über das Jahr der Abfas- sung des Urmanuscripts (1547), sondern auch über Neudörfer's Todesjahr ( 1 563) hinausgehen und daher zwar möglicherweise richtig sind, aber doch einen apokryphischen Charakter tragen, bedenklich zu gebrauchen sind.
Neudörfer's Lebensverhältnisse, welche in der Kürze zu berühren hier verstattet sein wird, obwohl Doppelmavr und besonders Will in dem Gelehrten-Lexikon (1757) und dann in den Münzbelustigungen (1765) nach den ihnen kundgewordenen Materialien über ihn geschrieben haben, gehen ursprünglich nicht über das Mass der gewöhnlichen Bürgerlichkeit hinaus. Geboren 1497, was aus ^en au^ mn geschlagenen Medaillen, von denen Doppelmavr und Will Abbildungen geben, und seiner Grabschrift hervorgeht, Sohn Steffan Neudörfer's, eines Kürsch- ners, dessen Namen man nur aus der vom Sohn geschriebenen und in kindlicher Pietät den Nachrichten am Schluss angefügten Lebensnotiz kennt, mag er einen guten Schulunterricht genossen haben, wie er denn selbst des Caspar Schmid als seines Lehrers rühmend gedenkt, auch den Erhart Etzlaub als seinen Lehrer in der Coss oder Algebra namhaft macht. Ob Paulus Vischer, der Canzleischreiber, den er auch seinen treuen Lehrer nennt, ihm eigentlichen Unterricht ertheilt, oder ihn nur durch guten Rath und Vorbild gefördert habe, lässt man, wie seines Orts bemerkt ist, dahin gestellt. Auch ob er auf dem Handwerk gear- beitet, glaubt schon Will in Abrede stellen zu müssen, und die Bekanntschaft mit den Handwerksausdrücken, die in dem Bericht über seinen Vater ersichtlich ist, kann bei dem Sohn des Hauses gar nicht befremden und berechtigt nicht zu weitern Folgerungen. Der strebsame und forschende Geist des jungen Mannes zog
JOHANN NEUDORFEß I ND SEINE NACHRICHTEN. III
ihn frühe zu eigener Selbstständigkeit, und da die Kürschner zu den vornehmsten Handwerken gehörten, von denen immer einer zu Rathe ging, so darf man wohl annehmen, dass er von Haus aus nicht ohne Mittel war. Schon am 18. Juli i522 wird Johann Neudörfer und Magdalena, jetzt seine, vorher Hannsen Schellenmann's Ehefrau genannt. Dieser Schellenmann war ein bei öffentlichen und privaten Lustbarkeiten, Gastmalern, Hochzeiten u. dgl. beigezogener Höherer, der, als er i 5 1 8 starb, in dem Necrolog. Sebald. als „Singer" eingetragen ist. Obgleich an ein ansehnliches Vermögen bei einem Erwerb, der sich, wenn er zu einer solchen Gelegenheit gefordert wurde, nicht höher als für den Tag einen halben Gulden belief, nicht zu denken ist, so wurde doch i52o Stetfan Gabler angehalten, das Capital, das er als Vormund von Hanns Schellenmann's Kindern in sei- nem Handel habe, herauszugeben, um es den Kindern zu Nutz auf liegende Güter anzulegen. Wahrscheinlich gab Neudörfer, der um diese Zeit geheiratet haben mag, die Anregung zu diesem Yerlass und übernahm nun die Sorge für seine drei Stiefkinder. Am obenbezeichneten Tage erklärten Johann Dunwald und Con- rad Oberndorfer, als Vormünder weiland Hannsen Schellen- mann's seligen verlassener Kinder, dass ihnen Magdalena, desselben Schellenmann's nachgelassene und jetzo Johann NeudÖrfer's Haus- frau alles der Kinder erlebtes väterliches Erb und Abnutzung davon, auf vorhergegangene redliche Anzeigung und Rechnung zugestellt und eingeantwortet habe, sagen darum sie und ihre Erben in bester Form ledig und los. Und Johann Neudörfer bekennt, dass die gemelten Vormünder ihm alles Kostgeld, das sie ihm von diesen Kindern bisher schuldig gewesen und sich bis auf nächste Francisci (4. Oct. i522) gebühre, bis auf 22 f., die sie ihm noch zu erstatten haben, zu Dank bezahlt haben, säet sie und die Kinder für sich und seine Erben dieses Kost- gelds, ausserhalb gemelter 22 f. in bester Form ledig und los.
Cons. 29. fol. 121. b. Die Vermögensverhältnisse NeudÖrfer's
1*
IV JOHANN NEUDÖRFER UND SEINE NACHRICHTEN.
müssen sich also günstig gestaltet haben, woran ohne Zweifel auch seiner Frau viel beizumessen ist, und sie durch kluge Wirthschaft das, was der Mann erwarb, zu erhalten bestrebt war. So ward das jedenfalls noch junge Ehepaar, da Neudörfer erst 27 Jahre, und seine Frau, weil schon in zweiter Ehe lebend und Mutter dreier Kinder aus erster Ehe, vielleicht dem Manne an Jahren gleich, vielleicht auch etwas älter war, doch immer noch eine junge Frau heissen konnte, in den Stand gesetzt, ein Haus zu kaufen, das früher „zu den Steinböcken" genannt, Georg Schlaudersbach 1D14 an den Consulenten Dr. Ulrich Nadler verkauft hatte. Dr. Nadler war 1. November i5i6 ge- storben und die Erben zunächst im Besitze geblieben, sahen sich aber jetzt zum Verkaufe veranlasst, und Steffan Bayer, der Kanzleischreiber, und Jeronymus Appetzeller (damaliger Zeugwart) gerichtlich gesetzte Vormünder Ulrich Nadler's, Doc- tors beider Rechten, und Brigitta seiner Ehewirtin seligen Kinder, Erasmus und Katharina, verkauften die Behausung und Hofrait mitsamt dem Höflein hinten daran, in St. Sebalds Pfarr, unter der Vesten an einem Eck, vornen im Eingang gegen Nieder- gang der Sonnen und an Niklasen Wickels seligen verlassen Häusern gelegen, um 870 f. rh. an Johann Neudörfer, den Rechenmeister, und Magdalena, seine eheliche Hausfrau, worüber am Montag 27. Juni 1524 ein stadtgerichtlicher besiegelter Brief ausgefertigt wurde. Es ist das Haus S. 612, Topogr. Taf. n. II. Ob nach Norden das Haus schon damals die jetzige Ausdehnung besessen habe, mag bezweifelt werden, wie denn überhaupt die Gestalt, in der das von seinem Besitzer im Aeussern wesentlich veränderte Gebäude jetzt vor Augen steht, für jene Zeit nicht massgebend ist, dass aber das von Johann Neudörfer erkaufte Haus in der Hauptsache auf dem Areal von 612 stand, ist durch die vielen örtlichen Beziehungen, in denen es erwähnt wird, ganz ausser allem Zweitel.
An demselben Tage verkauften auch die Vormünder das
JOHANN NEUDORFER UND SEINE NACHRICHT] N. V
Haus im Gässlein, an das Eckhaus und Hannsen Körbers Schu- sters Haus gelegen, mit dem Rechte des Zugangs zum Brunnen hinten im Höflein daran, an die Neudörferischen Eheleute um 130 fl., mit Bewilligung Frau Martha Jörgen Kützels ehelicher Hausfrau, der die Eigenschaft mit 4 f. Stadtwahrung darauf zusteht, was ihr Mann persönlich angesagt hat. Der Verkauf geschah auch wegen Busswürdigkeit des Hauses und weil ihr Pflegsohn (Erasmus Nadler) Willens wäre, von hinnen zu ziehen und seinen gebührenden Theil haben wollte, wesshalb es vom Gericht erlaubt wurde. Hierauf ebenfalls an demselben Tage verkauften Johann Neudörfer, der Rechenmeister, und Magdalena, seine Ehewirtin, die Eigenschaft aus dem Eckhause mit 2 5 fl. an Jungfrau Katharina Nadlerin um 5oo fl. mit aus- drücklicher Bedingung des Widerkaufs nach vierteljähriger Kün- digung. Lit. 36. fol. 160 — 162.
Der Widerkauf geschah, indem am 9. Fbr. 026 Jung- frau Katharina, Hrn. Ulrich Nadlers JUD. Tochter, mit Be- willigung Peter Wests, ihres hiezu gegebenen Curators, bekannte, dass Johann Neudörfer von den 25 f. jährlichen Zinses aus seiner Behausung unter der Vesten 10 f. mit 200 fl. abgelöst und hierfort nur noch i5 f. zu zinsen schuldig ist. Cons. 35, f. 160. Die Ablösung des Restes folgte später. Katharina hei- ratete am 4. Spt. 026 Peter Voit und nach dessen am 1. Merz 1547 erfolgtem Tod am 4. Dec. 048 Anthoni Schlüsselfelder, als dessen dritte Frau, und starb 1 5 54..
Nun war also Neudörfer im Besitz eines ansehnlichen Hauses. Sein Ruf als geschickter Lehrer im Schreiben und Rechnen muss damals schon festgestanden und Schüler von allen Seiten ihm zugeführt haben. Er mag auch junge Leute in die Kost genommen haben, denn am Dinstag 16. Febr. 029 wurde vom Rath dem Neudörfer ein Verbot vergönnt auf etlich Geld bei dem Beringer, das dieser einem von Randersacker schuldig ist, um dessen willen, dass er dem Neudörfer um sein
VI JOHANN NEUDÖRFER UND SEINE NACHRICHTEN.
Kostgeld nichts gebe. Neudörfer stand mit solchen Calamitäten nicht allein da, die jedoch nicht von Belang waren. Im Jahre i 5 3 i wurde er unter die Genannten des grössern Raths gewählt, in welchem Rang er bis an seinen Tod verblieb.
Am Freitag 25. Okt. 1 532 erklärten Melchior und Clara, weiland Hannsen Schellenmanns nachgelassene Kinder, mit Rath und Beistand Hanns Peters, ihres hiezu gerichtlich gegebenen Curators, und Anna, Marx Kolen Hausfrau, ihre Schwester, mit Willen und in Beisein ihres Mannes, dass Conrad Oberndorffer und Magdalena, Johann Neudörfers Ehewirtin, ihre eheleibliche Mutter, jedem von ihnen sein erlebt väterlich Erbtheil, nach dem Inventar und der Rechnung ihnen vollbenügig zugestellt haben, sagten sie desshalb und der Vormundschaft ledig und los. Cons. 44. fol. 39. Hanns Peter ist wol der als Johann Petrejus bekannte Buchdrucker, durch Barbara seine Ehefrau, Neudörfer's Schwester, desselben Schwager. Marx Kol kommt als Goldschlager, nebst Katharina seiner Ehewirtin, in einer Urkunde vom 18. Okt. i52D vor, worin sie eine auf ihrem Eckhause S. 910 haftende Eigenschaft, die der Kirche zu St. Se- bald gehört, ablösten, worüber ein Gerichtsbrief ausgestellt wurde. Hausbrief von S. 910. Anna Schellenmännin war also seine zweite Frau.
Ueber Neudörfer's Thätigkeitzu reden, ist hier nicht der Ort, da mit Berücksichtigung sowol seiner Schriften als auch der zeit- genössischen Zeugnisse Doppelmayr und Will hierin das Nöthige gethan haben. Er verlor in diesen Jahren die Frau seiner Ju- gend, wann? ist nicht mit Gewissheit anzugeben. In einer Ur- kunde vom 2. Okt. 1 542, worin Martin Härder Weinschenk in S. 8o5 die Eigenschaft seines Hauses mit 321/2 f« rn- um 65o f. an Anna, Albrecht Scheurls Wittwe, verkauft, ist Hanns Neu- dörfer neben Franz Rotmund Zeuge und Siegler. Er führte damals, obgleich schon Genannter, noch kein heraldisches Wappen, sondern bediente sich noch des einfachen Signets,
JOHANN NEUDÖRFER UND Sl IM. NACHRICHTEN. VII
eines Kreuzes, an dessen Fuss die Buchstaben H und N ange- fügt sind. Als er zwei Jahre spater, am 20. Oct. i D44 abermals mit Franz Rotmimd in gleicher Angelegenheit des Hauses S. 8o5 zu siegeln hatte, führte er das heraldische, bei Doppel- mayr abgebildete und von Will beschriebene Wappen, das er also in der Zwischenzeit erlangt hatte. In diesen Jahren hatte er auch wieder geheiratet und zwar Frau Katharina , Hanns Sidelmanns, Goldschmids, Wittwe, der in S. 495 gewohnt hatte. Topogr. Tafeln I. Hanns Sidelmann's erste Frau, die z. B. noch i5iü, als er aus seinem Haus die Eigenschaft und 20 f. rh. an die Jörg Schlauderspachischen Relikten verkaufte, genannt wird, hatte Clara geheissen, die hier genannte Katharina, eine geborne Nathanin von Augsburg (so Will Münzbel.), war jedenfalls die zweite Frau. Wenn daher Neudörfer den Jacob Horfmann (num. 3 7) seinen Freund und Bruder nennt, so ist diess letztere Wort durchaus nicht buchstäblich zu verstehen; Jacob Horf- mann hatte Clara, Hannsen Sidelmanns und seiner ersten Frau Clara Tochter, geheiratet; aus der Ehe mit Katharina hatte Hanns Sidelmann zwei (bei dem Hausverkauf, der in n. 3y an- gezogen ist, nur im Allgemeinen, aber nicht speciell genannte) Kinder hinterlassen. Indem Neudörfer die Wittwe Katharina geheiratet hatte, war er mit Jacob Horfmann, der mit Clara, der Stieftochter Katharina's, verehelicht war, zwar in ein nahe be- freundetes Verhältniss getreten, doch nicht in ein solches, das zu dem Ausdruck Bruder im wahren Sinn berechtigt hatte. — Des heraldischen Wappens, schwarzes Schild mit zwei gelben über einander stehenden Sparren und zwei gelben Sternen in den oberen Ecken des Schildes, auf dem Helm zwei Bürfel- hörner, bediente er sich als Zeuge und Siegler noch bei einer Urkunde vom 16. Aug. 1 558, und es ist nicht wahrscheinlich, dass er in seinen letzten fünf Lebensjahren noch um eine Ver- besserung oder Vermehrung des Wappens nachgesucht haben sollte. Die von Doppelmayr tab. XIV. mit der Umschrift Johann
VIII JOHANN NEUDÖRFER UND SEINE NACHRICHTEN.
Neudörfer der ältere p. 201 mitgetheilte Medaille mag an sich richtig sein, aber die Unterschrift ist irrig, weder führte er das vermehrte, senkrecht getheilte Wappen, noch ist das Gesicht dasselbe wie auf den anderen Denkmünzen, auf denen er na- mentlich rasirt erscheint. Will hat auf diesen Irrthum p. 402 bereits aufmerksam gemacht.
Es werden noch jetzt hie und da autographische Proben seiner Schreibgeschicklichkeit aufbewahrt, zu diesen gehört auch ein auf das möglich feinste Pergament geschriebener Brief vom 7. Juni 1 5 56 an Caspar Nützel, worin er, Johann Neudörfer, Rechenmeister, demselben, Herrn Caspar Nützel, seinem lieben Gevatter, für die Einladung ablehnend dankt, und wenn er auch diesmal der „Vlmer Rosen Edlen Geruch entbehren müsse, so hoffe er doch, auf künftigen Herbst die wolgeschmecken Wurscht vnd Semel zum Synderspuehel zu gemessen". Die Adresse ist mit Gold geschrieben und das Ganze ein schreibkünstlerisches Meistersück, nur wegen der Dünnheit des Pergaments und der Kleinheit der Schrift eigentlich unpraktisch. (Stadtarchiv zu Nürnberg, Urk. n. 190.) Die Nützel, eines der ältesten und an- gesehensten Nürnberger Geschlechter, besonders berühmt durch den 1529 gestorbenen Losunger Caspar, den Vater des hier in Rede stehenden, erloschen im Mannsstamm 1747 mit Johann Joachim, besassen das eine halbe Stunde südwestlich von der Stadt, unfern des Canalhafens, gelegene Sindersbühl. Neudörfer muss gerade sehr durch seinen Beruf in Anspruch genommen gewesen sein , um dieser Einladung nicht entsprechen zu kön- nen. Für die richtige Schreibung des jetzt herkömmlich Sün- dersbühl geschriebenen Ortsnamens gibt, abgesehen von den alten Urkunden, auch dieser Brief Neudörfer's Zeugniss. Mit Sünde hat der Namen auch gar nichts zu schaffen, und eben so wenig mit dem benachbarten Leprosenhaus oder Sunder- siechenkobel zu St. Leonhard, wie schon auf p. 249 des 1861 erschienenen Heftes IV für Staatsarzneikunde gezeigt worden
JOHANN Nli i < 101 i R UND SEINE N.\< HRICHT1 N. IX
ist. Wie aber mit Caspar Nützel, damals einem der ersten Männer der Stadt, so stand Neudörfer, ein eben so kenntniss- reicher als durch seinen biedern, einlachen und bescheidenen Charakter sich empfehlender Mann, auch zu anderen seiner Stadt- genossen in freundschaftlichen Beziehungen. Nächst Georg Römer, dem Eidam Jacob Welser's, sei hier vor Anderen Hiero- nymus Paumgartner genannt, dessen Frau Sibylla, geborne Tichtlin, auf die Nachricht von Neudörfer's Ende am 12. Nov. 1 563 sogleich zu den Seinigen geeilt war, um Trost und Bei- leid zu bringen (Anzeig. f. Kde. etc. i855. März p. 5j). Die Wittwe Katharina folgte ihm am 26. Dec. 1 568. (Nor. Chr. Freydh. p. q&. num. Ö77.)
Als Sühne Neudörfer's sind Stephan und Johann zu nennen. Von Stephan, muthmasslich aus der ersten Ehe entsprossen, führt Nopitsch (Gelehrt. Lex. VII p. 14) an, es gehe ans einem nngedruckten Brief an Christoph Gugel d. d. Spirae 24. Jun. 1 5y3 sein Verhältniss zu Johann Neudorfer, als seinem Vater, hervor, und eine handschriftliche Aufzeichnung sagt: Dr. Ste- phan Neudörfer gab 1 58 1 sein Burgerrecht auf und vernachsteuerte 44D0 f. In ihm, dem ältesten Sohn, wiederholte sich der Namen des Anherrn. Johann, geb. 22. Fbr. 043, jedenfalls aus der zweiten Ehe, verfolgte die väterliche Laufbahn, als Schreib- und Rechen- meister, und starb 38 Jahre alt, am 28. Oct. 1 58z. (Beide An- gaben aus Doppelmayr; 1 59 1 als Todesjahr, in Roths Genannt, beim J. 1 5yo ist demnach falsch. ) Helena, eine Tochter des altern Johann, habe Cornelius Görz geheiratet, über den weiter nichts vorliegt. Diese Kinder Hessen dem Vater auf St. Johannis n. 677 das bei Nor. Chr. Freydh. aufbewahrte, dann von Dop- pelmayr und Will wiederholte, schon aber 1735 verschwundene Epitaph setzen.
Mit des Jüngern Johann Neudörfer's Sohn, dem Dr. med. Jo- hann Neudörfer, erlosch i63q der Namen und das Geschlecht des berühmten Schreib- und Rechenmeisters. Er hatte zu Wittenberg
X JOHANN NEUDÖRFER UND SEINE NACHRICHTEN.
und Basel studirt, am letztern Orte auch promovirt. Schon am 5. Sept. 1 5o4 wird er Mediana^ Candidatus genannt. Zum Phvsicus 1598 aufgenommen, wurde er 1599 Genannter, nachdem er im Sept. 1598 Hanns Gabron's Tochter Barbara geheiratet hatte. Anthoni Neudörfer war, nach Allem, sein Bruder. Von diesem, als er noch zu Nürnberg und (seit 1 698) auch Genannter des grössern Rathes war, entlehnte Barbara, Hanns Georg Höraufs, Bierbrauers Wittwe, am 5. Dec. 1607 ein Capital von 1200 f., dessen Zurückzahlung der Dr. Neudörfer also beschei- nigte: „Am i3. Juny 1621 hab ich Johann NeudorrTer, der Arzenei Doctor, Com. Palat. Caes. und E. E. F. u. W. Raths der Stadt Nürnberg bestellter Medicus, von wegen und anstatt Herrn Antoni Neudorffers von Neudegg , auch Com. Pal. Caes., dieser Zeit zu Regensburg wohnhaft, also bar in guter unver- schlagener Münz diese 1200 f. samrat aller darauf gegangener Abzinsung, wol empfangen, dess zu Gezeugnuss hab ich Diss mit eigner Hand unterschrieben und mit meinem Petschaft bekräftigt. Johann NeudorrTer." Dass Anton, als er 1609 sein Bürgerrecht aufgab und nach Regensburg übersiedelte, 12.000 f. vernachsteuerte, sagt eine handschriftliche Aufzeichnung. Je weniger von dem Jüngern Johann Neudörfer, wegen seiner ver- hältnissmässig kurzen Lebenszeit zu sagen ist, desto mehr Stoff müssten die beiden Söhne, Anthoni und Johann, bieten, wozu aber diese Blätter an sich nicht bestimmt sind. Will umgeht es sogar vorsichtig, sie Brüder zu nennen, und sagt von dem Arzte nur: er sei aus der Familie des andern (nämlich Anthoni's). Ein Irrthum ist daher immer noch möglich und eine Berichti- gung desselben denkbar. Wenn die Bemerkung des übrigens unzuverlässigen Genanntenbuches beim J. 1 5gS richtig sein sollte, Anthoni Neudorfer, dem Rechenmeister, wurde 1620 die Stadt verboten, so wäre es eine interessante Aufgabe, sie mit dem, was Will über ihn sagt, in Zusammenhang zu bringen. Er lässt ihn Reisen machen, dann nach Nürnberg zurückgekehrt,
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das etwas eintönige Geschäft oder Handwerk eines Modisten
treiben und sich zuletzt in Regensburg niederlassen, wo er [628 gestorben sei. Dass er daselbst geadelt wurde, mit dem
Zusatz von Neudegg, und dabei das vermehrte Wappen erhielt, was auch der Arzt iührte, ist kein Zweifel, aber die Folgerungen \\ ill's, dass schon seine Vorfahren denselben gehabt haben mögen, sind ohne allen Grund. Auch ist ein Vermögen von I2.5oo f. für jene Zeit und einen so linstäten abenteuernden Lebenslauf immer respectabel. Xon seiner Frau, die er als Ge- nannter gehabt haben muss , findet sich nichts aufgezeichnet.
Im Besitz des Hauses unter der Yeste S. 612 blieb die Familie bis an ihr Erlöschen. Nicht nur bei allen nachbarlichen Ortsveränderungen, sondern auch bei allen wichtigen Gelegen- heiten, namentlich bei den Einzügen der Kaiser, die sich auf die Reichsveste ins Schloss hinauf begaben, wird des Neudörler's Haus genannt, und zwei grosse, mit noch sichtbaren Vertie- fungen bezeichnete Quadersteine, zwischen S. 612 und dem gegenüber liegenden Tucherischen Gärtlein , erinnern noch an die hohen Mastbäume, die dort eingerammt wurden, um den kaiserlichen Adler in ihrer Mitte zu tragen, der sich dem heran- nahenden Reichsoberhaupte grüssend entgegen wendete, um sich dann dem Zug, wenn er die Triumphpforte passirt hatte, fol- gend wieder umzudrehen, während festliche Musik den kaiser- lichen Herrn ehrend empfing.
Ob der Johann Neudörfer, der i63g als Gorporal starb, ein Sohn des Arztes war, ist möglich, aber unerweislich. Eine Tochter, Barbara wie ihre Mutter genannt, heiratete am 4. Sept. 1028 den Candid. Juris und kaiserlichen Notar Barthel Lorenz Agricola. Der Namen Johann Neudörfer's, als des bedeutendsten Arztes der Stadt, wird in diesen Jahren bis an seinen Tod mehr als eines andern, ja in allen wichtigen Fällen fast aus- schliesslich genannt, und so umgab den Namen, den der An- nen- zuerst bekannt und berühmt gemacht hatte, noch bis zu
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seinem Erlöschen eine ehrende Anerkennung. Begraben wurde er unter n. 2122 auf St. Johannis, und Trechsel p. 28 gibt auch eine Beschreibung des Epitaphs, woraus zu sehen, dass er das vermehrte Wappen führte. Freilich ist die bedeutungs- volle Grabschrift auf n. 677, welche die Erben dem alten Rechenmeister setzten, wie schon erwähnt, bereits vor mehr als anderthalb Jahrhunderten ein Raub schnöder Gewinnsucht ge- worden, und auch das von Nicol. de Neufchatel ein Paar Jahre vor seinem Tod gemalte und auf dem Rathhause zu ehrendem Gedächtniss des Mannes aufbewahrte Bildniss ist hier nicht mehr vorhanden, sondern zu München, aber sein Namen wird unter den verdienten Männern, auf welche seine Vaterstadt stolz zu sein berechtigt ist, stets eine ehrenvolle Stelle einnehmen und ihm das Zeugniss gegeben werden müssen , dass er ein durch eigene Kraft zu dem, was er war, gemachter Mann war.
II.
Durch die Aufzeichnung dieser Nachrichten hat Neudörfer, ohne es zu wissen und zu ahnen, der Kunstgeschichte einen grossen Dienst geleistet. Dass es ausser den politischen Actionen, mit welchen allein die frühere Geschichtschreibung sich befasste, auch noch ein anderes, dem künstlerischen Geiste gehörendes Moment geben könne, auf welchem nur unblutige Lorbeern zu erringen wären, hatte man, wenn man es auch wusste, nicht beachtet, und obgleich die kunstreichen Schöpfungen des Malers, Bildhauers, Baumeisters, und Anderer vor Aller Augen standen, so hatte man doch nur zufällig, und wenn andere Umstände mit ihnen im Zusammenhange standen , daran gedacht, von ihnen schriftlich etwas aufzuzeichnen. Daher kommt es, dass sich über die frühere Zeit allenfalls in Rechnungen, gesetzt diese seien vorhanden, etwas aufgezeichnet findet, über Anderes aber gar nichts, und der mündlichen Ueberlieferung und der Sage ein unbeschränkter und von derselben auch unbedenklich
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ausgebeuteter Spielraum gelassen worden ist. Von der wichtigen Hereinleitung der Quelle des Schonen Brunnens und derjenigen, die den Spitalbrunnen speisst, ist eben so wenig ein Documenl vorhanden, wie über die Leitung des Fischbachs, und über die steinernen Bilder innerhalb der St. Sebaldskirche weiss kein Mensch zu sagen, wer sie gefertigt hat. Die altere Geschichte der Stadt Nürnberg bietet noch manche ungelöste und leider unlösbare Fragen dar, und es bleibt dem Epigonenthum nichts übrig, als sich zu bescheiden und zu bekennen: wir wissen es nicht.
Diesem unleugbaren Uebelstande abzuhelfen, hat Neudörfer, ohne es zu beabsichtigen, den ersten Schritt gethan. Wie aus den einleitenden Worten, die er als Schreiben an Georg Römer vorangestellt hat, hervorgeht, war er nicht entfernt der Meinung, diese Aufzeichnungen jemals veröffentlicht sehen zu wollen, theils weil er kein Kunstverständiger sei, theils weil er in der kurzen Zeit von acht Tagen und noch dazu in den ihm von seiner Tagesarbeit übrig bleibenden freien Stunden das Ganze zusam- mengeschrieben hatte, und wie er selbst sagt, wenn sie, Römer und er, einmal wieder zusammen kämen, würde ihnen Manches zur Vervollständigung beifallen. Ob dies je geschehen, wissen wir nicht, ist auch für uns unerheblich. Denn, wenn dies auch geschehen und in dem Urmanuscript diese Vervollständigungen nachgetragen sein sollten, würde es der Gegenwart nichts nützen, da diese Urhandschrift mit dem Untergang des Römerischen Geschlechts selbst auch untergegangen ist und man zufrieden sein muss, Abschriften zu besitzen, welche, wenn auch mit Zu- sätzen aus späterer Zeit versehen, doch einen im Ganzen genü- genden Ersatz für den Verlust abgeben.
Die Kunstfreunde mögen sich lange Zeit um diese Auf- zeichnungen wenig gekümmert haben, bis, nachdem die Stürme des dreissigjährigen Krieges vorübergezogen waren, Sandrart in seiner „teutschen Malerakademie" (1675. 1679. Nürnb.
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fol.), indem er ein das ganze Gebiet der Malerei, Bildhauerei und Baukunst behandelndes Werk, das unbestreitbaren Werth hat, unternahm, auch in der Besprechung der Nürnbergischen Künstler unverkennbar Neudorfer's Handschrift, z. B. bei Georg Penz, vor Augen gehabt und benutzt hat. Von Kritik und einer ins Einzelne eingehenden Untersuchung kann bei einem solchen Werke keine Rede sein; dass er bei Albrecht Dürer das Mär- lein erzählt, Agnes habe ihn so gequält, dass er, um ihr zu entgehen, davon und nach den Niederlanden gegangen und erst auf Pirkheimer's Vermittlung wieder heimgekehrt sei, darf man ihm nicht verdenken, da er es gewiss nicht zuerst ausgeheckt, son- dern nur nacherzählt hat. Genug, dass er von Neudörfer bereits Notiz genommen hat. Zum erstenmal machte hierauf Doppel- mavr in seiner 1730 zu Nürnberg bei Peter Conrad Monath fol. erschienenen histor. Nachricht von den Nürnbergischen Mathematicis und Künstlern etc. einen ausgedehnten Gebrauch von diesen Nachrichten. Will hat sich zwar in den Münzbelust. II. p. 406 die Mühe gegeben, alle von Doppelmayr übergangene Personen, 22 an der Zahl, namhaft zu machen, wobei er ihm nur das Unrecht thut, auch den Hieronvmus Formschneider darunter zu zählen, da er diesen als Hieronvmus Andreae, und zwar mit ausdrücklicher Hinweisung auf Neudörfer, in den Noten mm) nn) etc. namhaft macht. Dass Doppelmayr in den meisten Fällen die Neudörferische Nachricht gläubig und unbe- anstandet aufnahm, nur etwa bei Dürer selbsstandig verfuhr und, was fast unglaublich, der armen Agnes, die nach allen Anderen Dürer's Tod ganz allein verschuldet hat, diese Schuld nicht aufbürdet, diese sich aller Kritik entschlagende Gläubig- keit ist zu sehr das Zeichen aller früheren Geschichtsforscher, dass man sich gar nicht darüber wundern und es ihm nicht anrechnen darf, obgleich ihm der Namen eines Forschers gerade desshalb nicht gebührt. Doppelmayr's Buch hat in den späteren Partien gewiss seinen grossen Werth, weil er da auf sichern
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Boden tritt und seine Nachrichten aus glaubwürdigen Quellen schöpft. Unstreitig macht die naive und unbeholfene Art, mit welcher Neudörfer seine Nachrichten gibt, den Eindruck eines unverfälschten, nicht von der Feinheit der Cultur geschminkten Berichts, allein dessenungeachtet kann er doch an einer ursprüng- lichen Mangelhaftigkeit leiden. Diese Naivetat ist nicht nur für Doppelmayr, sondern auch für seine Nachfolger ein irrelei- tender Führer gewesen. Will, der in den Münzbelustigungen wie in dem Gelehrten - Lexikon häufig über Künstler (Dürer, Hirschvogel, Neudörfer etc.) zu reden veranlasst wird, ist, mit aller Achtung vor seiner Polyhistorie sei es gesagt, am wenig- sten im Stande, sich von dem Respect, den er einer aner- kannten Autorität schuldig zu sein glaubt, frei zu machen, und obgleich er nur mittelbar zur Kunstgeschichte Einiges beige- tragen hat, so sind doch seine Beiträge immer nur mit Vor- behalt anzunehmen. Auch dem berühmten Chr. Gottl. von Murr hat Neudörfer, offenbar nur durch die Schmucklosigkeit seiner Schreibart, imponirt. Man sehe Murr's Beschreib, v. Nbg. 1801, p. 700 wegen Hanns Meuschel, p. 702 wegen Hanns Bulmann. So war man, mit Zähigkeit an den alten Ueberlieferungen fest- haltend, in das laufende Jahrhundert hereingekommen, ohne dass Jemand gewagt hätte, dieselben, das theure Kleinod un- serer Ahnen, anzutasten. Eine alte Handschrift, an deren Un- umstösslichkeit die Väter geglaubt hatten, anzufechten — anathema esto !
Der Erste, der in richtiger Erkenntniss der Bedeutung der Neudörferischen Nachrichten und mit einem gehörigen Apparat ausgerüstet an das Werk einer Herausgabe derselben ging, war der Bamberger Kunstfreund und Privatgelehrte Joseph Heller, der im Verein mit dem Bibliothekar Jäck 1822 bei Riegel und Wiesner zu Nürnberg Beiträge zur Kunst und Literatur- geschichte herausgab, von denen aber nur das erste und zweite Heft, zusammen ein Bändchen ausmachend, erschien, worauf
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die ganze Unternehmung aufhörte. Doch gab Heller in diesem Bande auf den ersten 80 Seiten, ausser einer 8 Seiten langen Einleitung, in welcher er sich über die Gründe seiner Wahl, über die Würdigung, welche Andere, z. B. Sandrart, diesem Mspt. haben angedeihen lassen, und über seinen Apparat, der theils in drei verschiedenen Textesrecensionen, theils in meh- reren Chroniken und dem Necrologium Norimbergense oder dem grossen Todengeläut von St. Sebald. jetzt Eigenthum des German. Museums, bestand, äussert, die ersten 34 Nummern, deren letzte Melchior Bayer, Goldschmid, ist (hier num. 35), so dass die andere Hälfte unerledigt geblieben und nie er- schienen ist. Die Ursache dieses Nichterscheinens ist wahr- scheinlich in buchhändlerischer Unlust zu suchen, eine mehr seiehrte als anziehende Arbeit in Verlag zu behalten, der sich die Gunst des Publicums nur im kleinsten Masse zuwandte. Er hat in dem Enthusiasmus, der ihn für die Kunst beseelte, und bei den wirklich ausgedehnten Kenntnissen, die er besass, in der That sehr viel geleistet, wobei jedoch nicht verschwiegen werden darf, dass er manches, was nicht hieher gehörte, auf- nahm, Chroniknachrichten einen unverdienten Werth zukommen Hess und in einzelnen Fällen eben so irrte wie Neudörfer oder ein anderer Gewährsmann. Es sind gelegentlich, z. B. beim Todesjahr Hermann Vischer's, solche Irrthümer bemerkt worden. Aber im Ganzen genommen war seine Bestrebung löblich und anerkennenswerth.
Nach einem solchen Vorgange durfte man erwarten, dass das nächstfolgende Unternehmen sich des Errungenen bedienen und, was gar nicht zu verargen war, auf seine Schultern treten würde. Aber diese Erwartung sollte sich nicht erfüllen. Im J. 1828 gab Friedrich Campe Johann Neudörfer' s Nachrichten von den berühmten Künstlern und Werkleuten, die innerhalb hundert Jahren in Nürnberg gelebt haben 1 5+6 (sie), nebst der Fortsetzung von Andreas Gulden 1660, heraus. Es sei nach
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einer alten Handschrift der Campe'schen Sammlung gedruckt, steht auf dem Titel, und in dem Vorwort sagt der Heraus- geber: ,,Sein Manuscript besitze ich; bei den meisten Künst- lern finden sich ihre Bildnisse; Andreas Gulden hat die Fort- setzung, wie auch Sterbejahre etc. nachgetragen. Alles folgt hier in einem treuen Abdruck." Ohne Zweifel hat der, um die Geschichte Nürnbergs durch diese wie durch andere Unter- nehmungen wohl verdiente Mann selbst an die Wahrheit dieser Worte geglaubt, aber seine Manen mögen uns nicht zürnen, wenn wir sein Manuscript eben auch nur für eine der vielen Abschriften halten, die aus der verlorengegangenen Urschrift hervorgegangen sind. Es ist um nichts besser als andere und so gut wie diese mit Zusätzen versehen, die alle, welche sich dessen bedient haben, in Verwirrung und irrthümliche Be- hauptungen führten. Und dann muss man es doch auffallend finden, dass auf dem Titel das Jahr 1546 statt des im Texte selbst gedruckten Jahres 1 547 gesetzt ist, und noch mehr, dass er Heller's Ausgabe, wenn sie auch nur die Hälfte des Neudör- ferisehen Manuscripts enthält, auch mit keinem Worte erwähnt. Gekannt hat Campe sie gewiss und so zu Tod geschwiegen zu werden, verdiente sie in keiner Weise.
Indessen bleibt dem von Campe gegebenen Abdruck das doppelte Verdienst der Vollständigkeit und der gewissenhaften Treue, wodurch Alle, denen die Gewinnung eines sauberen, leserlichen Manuscripts nicht möglich war und die von der Sicherheit seiner Worte sich überzeugen liessen, vollkommen befriedigt waren und alle Angaben desselben gläubig hinnahmen und wiedergaben. Ein neuer und, wie unumgänglich nothwendig war, mit berichtigenden Anmerkungen versehener Abdruck ist seitdem nicht erschienen, aber wohl hat die Nürnberger Kunst- und Handwerker-Geschichte zwei Bearbeitungen von einer und derselben Hand erhalten, die, bis nahe an die Gegenwart her- unterreichend, in den Theilen, wo sie auf Neudörfer fussen zu
Quellenschriften f. Kunstgesch. X. 2
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können glaubten, dieses mit der grössten Zuversicht gethan haben. Das erste sind: Nürnberger Briefe (zur Geschichte der Kunst) von R. v. Rettberg. Hannover, 1846. 8., das andere: Nürnbergs Kunstleben in seinen Denkmalen dargestellt von R. von Rettberg. Ein Führer für Einheimische und Fremde. Stutt- gart 1854. 8. (seit 1869 in den Verlag von Aug. Recknagel zu Nürnberg übergegangen). Der Verfasser hat der Stadt, die er genau kennen gelernt hat, eine so liebevolle und bis ins Ein- zelne eingehende Beachtung geschenkt, wie sie nicht leicht von einem Andern erhalten hat, und da er seine Darstellung bis auf das genannte Jahr herabgehen lässt, so hat die Kunst- geschichte durch ihn eine solide Begründung erhalten. Dass er den Neudorferischen Nachrichten in Allem einen unbedingten Glauben schenkt, hat ihn freilich hie und da irregeführt, und in den folgenden Blättern hat man nicht umhin gekonnt, auf solche unverschuldete Gebrechen seines mit warmer Liebe für Nürnberg geschriebenen Buches aufmerksam zu machen, wodurch aber dem eigentlichen Werthe desselben Eintrag gethan werden weder soll noch kann.
Ganz unabhängig von Neudörfer und hier nur desswegen zu erwähnen, weil in dem Folgenden oft auf ihn musste Rück- sicht genommen werden, ist Joseph Baader seinen Weg ge- gangen, früher Vorstand des Archivconservatoriums zu Nürn- berg, seit 1870 Archivrath am Reichsarchiv zu München. Durch seine Beiträge zur Kunstgeschichte Nürnbergs , NÖrdlingen, 1860, dann derselben ,, zweite Reihe"' ebend. 1802, hierauf: Beiträge z. Kunstgesch. Nürnbergs, in den Jahrb. f. Kunst- wissenschaft, herausgeg. von Dr. A. von Zahn, 1868, und end- lich: Nachträge zu den Beiträgen etc. ebend. 1809, was Alles aus echten Quellen entnommen ist, hat er ein vorher nie in dieser Ausdehnung gekanntes Material geliefert. In den folgen- den Blättern ist daher sehr oft, ja vielleicht nicht oft genug auf ihn hingewiesen worden. Da die genannten Mitteilungen
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Baader's einen viel weitern Rayon umfassen, als Neudürfer's der Anlage nach auf das, was ihm in Zeit der acht Tage beifiel, beschränkte Nachrichten, so sind sie von Anfang an durchaus reichhaltiger, und von ihm an könnte erst eine Kunst- und Hand- werks-Geschichte Nürnbergs beginnen, die nicht blos aus No- tizen, die beiläufig unter guten Freunden, wo man es mit der Correctheit nicht allzugenau nimmt, besprochen werden, be- stünden, sondern die auf urkundlichen Zeugnissen beruhen und die Sage in ihren gebührenden Schranken halten.
Möge man diese Worte nicht für eine Geringschätzung und Herabwürdigung NeudÖrfer's halten. Im Gegentheil, man kann immer nur ihm zum Danke verpflichtet sein, dass er, sei